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Ein Tag in Leipzig abseits von Nikolaikirche und Gewandhaus

Der bemühte Tourist studiert Dumont und MARCO POLO, um dann von der Nikolaikirche zur Oper und über die Mädlerpassage zum Gewandhaus zu eilen. Ich habe das auch gemacht, natürlich. Nun lebe ich schon seit vier Monaten in dieser wunderschönen und liebenswerten Stadt und durfte den einen oder anderen Ort abseits dieser Pfade entdecken, der eine Empfehlung wert ist.

Beginnen Sie den Tag im Café Grundmann, damit Sie sich gleich heimisch fühlen: ein „Wiener“ Kaffeehaus, wie es typischer nicht geht. Gegründet 1919, wurde es von 1998 bis 2000 umfassend rekonstruiert und ist heute eines der wenigen komplett im Art-déco-Stil erhaltenen Lokale im deutschen Sprachraum. Melange und Großer Schwarzer werden gerne zu den hausgemachten Mehlspeisen genossen und von – man höre! – überaus freundlichem Personal serviert.

So gestärkt bietet sich ein kleiner Spaziergang an: Besuchen Sie den Alten Johannisfriedhof. Längst nicht mehr als solcher genutzt, ist er heute eine innerstädtische Oase der Ruhe. Zu sehen sind noch rund 400 historische Grabmale mit einer bemerkenswerten Vielfalt an Gestaltungselementen und Symbolen.

Jetzt geht es zurück ins Leben, und zwar in die Alte Baumwollspinnerei im hippen Stadtteil Plagwitz. Allein die bestens erhaltenen Industriebauten mit einer Bruttogeschoßfläche von mehr als 100.000 Quadratmetern sind sehenswert. Doch es gibt noch viel mehr zu entdecken: 100 Künstlerateliers, elf Galerien, Werkstätten, Architekten, Designer, Schmuck- und Modemacher, den Künstlerbedarf „boesner“, die Theaterspielstätte „Residenz“, ein internationales Tanz- und Choreografie-Zentrum, Druckereien, die Künstlerbücher des Lubok-Verlags und das Kino „LuRu“. Aus der ehemaligen Fabrikstadt, die Anfang des 20. Jahrhunderts zur größten Baumwollspinnerei Kontinentaleuropas angewachsen war, wurde am Beginn des 21. Jahrhunderts eine der interessantesten Produktions- und Ausstellungsstätten für zeitgenössische Kunst und Kultur in Europa.

Wenn es für das Abendessen dann doch wieder etwas schicker werden soll, wählen Sie das „B10“. Erst im März eröffnet, hat es sich rasch zu einem Treffpunkt der Upperclass von Leipzig entwickelt. Besitzer und Koch ist ein Australier, der seine Gäste mit hervorragender asiatischer und mediterraner Küche beglückt. Zu späterer Stunde mutiert das Speiselokal zur Bar mit erlesenem Weinangebot und – einer Leidenschaft des Hausherrn geschuldet – einem außergewöhnlich großen Sortiment an internationalen Gins.

So sollte Ihr etwas anderer Tag in Leipzig wohl beschwingt ausklingen …